dragoner
Hinterm Amt liegt der Strand –
Aufruf zur „Wir brauchen Platz“-Demo und zur Unterstützung der Auseinandersetzungen um das „Dragonerareal“
Das sogenannte Dragonerareal hinter dem Kreuzberger Finanzamt am Mehringdamm ist ein Ort, der in den letzen Monaten zunehmend in den politischen Fokus gerückt ist. In den alten Pferdeställen gibt es handwerkliches Kleingewerbe, Clubs, eine Galerie, Schrauberwerkstätten, Taxiunternehmen, ein Bio-Lebensmittelmarkt und sehr viel Leerstand. Das Gelände gehört dem Staat, genauer der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, diese will damit im Verkauf Geld machen und setzt auf den höchstbietenden Investor. Auch der will dann damit „maximalen Profit unter minimalem Risiko“ machen, die Verdrängung des Kleingewerbe und Luxusentwicklungen sind daher vorprogrammiert, die Mieten im Kiez würden noch weiter steigen. Die Nachbarschaft ist aktiv geworden und kämpft gegen die Privatisierung des Geländes. Es ist Zeit, diese Auseinandersetzungen zu unterstützen.
Unruhe und Aneignung
Das Gelände ist nicht mehr im Ruhezustand, der Widerstand gegen die staatlichen Verwertungspläne und kapitalistischen Investorenträume organisiert sich bereits. Der Kampf ums „Dragonerareal“ hat begonnen. Es gab schon einige kurzfristige Aneignungen des Geländes und es wurde Druck aufgebaut. Nun fordern die Aktivist*innen aus der Nachbarschaft und NutzerInnen vom Gelände : egal wem der Staat das Gelände verkauft, egal was die neuen Eigentümer*innen damit machen wollen, „Wir brauchen Platz“, das Gelände gehört uns, wir nehmen die Sache in die Hand.
Am 25. Juni treffen sich morgens die Finanzminister der Bundesländer, sie sind es die über Verkauf oder nicht Verkauf entscheiden werden. Die Demo am Abend sagt, wir pfeiffen auf eure Entscheidung.
Beyond this city
Es gibt eigene Pläne. Das Gelände kann ein Modell für eine andere Stadt sein, jenseits von kapitalistischer Logik und staatlichen Entscheidungen. Hier wird nicht ein Zustand oder ein Haus verteidigt, hier bricht die Idee einer nichtkapitalistischen Stadtentwicklung durch. Während der öffentliche Diskurs den linken Interventionen die Rolle der Ewiggestrigen zuweist – immer nur Verteidigen und Dagegen sein, auf dem Tempelhofer Feld dürfe kein Baum gepflanzt werden und die Kieze sollten sich nie wieder verändern – weist der Kampf um das Dragonerareal in eine andere Richtung: wir kennen eine Zukunft, die nicht der Logik des Kapitalismus und der Macht der Regierenden überlassen ist. Am Dragonerareal wird eine antikapitalistische Perspektive aufgemacht, in der die Menschen den städtischen Raum frei von Profit und Herrschaft
organisieren.
Der Kampf um das „Dragonerareal“ ist Teil einer konkreten und solidarischen Praxis gegen die kapitalistische Stadt. Beim Tempelhofer Feld konnte die Öffnung erreicht und eine Privatisierung verhindert werden. Und auch der Kampf gegen Zwangsräumungen zeigt die Erfolge einer praktischen Solidarität, die gleichzeitig eine grundsätzliche Kritik an den Verhältnissen übt.
Was wollt ihr mir sagen?
Das „Dragonerareal“ ist ein weiterer der Orte, anhand derer sich Berlin verändern wird. Es kann die nächste architektonische Zementierung sozialer Ungleichheiten und Herrschaftsverhältnisse werden – oder aber ein Ort des Bruchs mit der kapitalistischen Stadtentwicklung. Ob Freiräume und emanzipatorische Selbstorganisierung nur Teil einer vergangenen Szene waren oder zum Baukasten der eigenen Hoffnung gehört, das sogenannte Dragonerareal ist ein nächster Punkt, an dem diese Frage verhandelt wird.
Ist Neubau von Wohnraum auch für Menschen erwartbar oder nur noch für erfolgreiche Verwertungssubjekte? Ist kultureller Raum noch etwas anderes als Öl im Getriebe? Ist eine soziale Stadt noch etwas anderes als ein sozialdemokratisches Beruhigungsmittel? Sind wir mehr als das Abfallprodukt von Krise, Verdrängung und Luxusneubau?
Holen wir uns die andere Stadt! Nehmen wir Teil am Kampf um das „Dragonerareal“!