Wir laden zu einem Workshoptag zur Krise zusammen mit den Gruppen avanti und top–b3rlin ein.
Da es im Programm nicht extra erwähnt wurde, aber der Workshoptag nicht erst mit der ersten Workshopphase beginnt: Eröffnungspodium zur Einschätzung der Krise von 10:30 bis 12:00 Uhr
Hier der Einladungstext zum Workshoptag:
Hierzulande erleben die meisten Leute die jüngste Krise des Kapitalismus, die sich auf scheinbar wundersame Weise von der Immobillien– über die Finanz– zur Staatsschuldenkrise verwandelt hat, vor allem als mediales Ereignis.
Die deutsche Regierung und weite Teile der Medien sorgen dabei dafür, dass das Ganze seinen Unterhaltungswert behält und auch nach der x-ten Wiederholung nicht als ein grundlegendes Problem gesellschaftlicher und ökonomischer Strukturen gesehen wird. Der abschätzige Blick auf die „faulen Südländer“ führt die unausweichlichen Ausfallerscheinungen des kapitalistischen Verwertungsmotors auf individuelles Fehlverhalten zurück, dass in der Projektion auf andere Nationen in kulturalistisch–rassistischer Weise zum Wesensmerkmal erklärt wird. Gleichzeitig kann so die Identifi kation mit dem eigenen Standort mal wieder gestärkt werden. Nicht nur erfolgreich will man sein, sondern auch noch moralisch überlegen. Dass die Krise, wenn auch in abgeschwächter Form, auch hier ihre gesellschaftliche Folgen hat — wie unter anderem die massenhafte Entlassung der anscheinend nicht sonderlich systemrelevanten Schlecker-Mitarbeiter_innen und die weitere Verschärfung von Arbeitsverhältnissen zeigt — fällt dabei gerne schnell unter den Tisch.
Ganz anders, nicht weit entfernt: Griechenland. Eine ungewählte „nationale Notstandsregierung“ wird durch eine gewählte ersetzt, die jedoch an die technokratischen Krisenverwaltung gebunden bleibt. Während dessen nimmt das Elend in der Bevölkerung immer erschreckendere Ausmaße an und Nationalisten und Polizei machen weiterhin gemeinsam Jagd auf „Nicht-Griechen“. Mittlerweile droht das Schicksal einer gewaltsamen Haushaltssanierung durch den IWF, die vor allem zu Ungunsten von Erwerbslosen und Lohnabhängigen geschieht und die Krisendynamik in Griechenland erst so richtig beschleunigte, auch anderen EU-Staaten.
Aber gegen den Versuch die Krisenregulation durch fortgesetzte Neoliberalisierung als einen neuen Normalzustand zu etablieren, regt sich auch Widerstand und die europäischen Regierungen sind zunehmend gezwungen, das T.I.N.A.–Prinzip (There is no Alternative, in den 80er Jahren eingeführt von Margaret Thatcher) autoritär durchzusetzen.
So zeigte das Verbot von Blockupy und die Kriminalisierung von Teilnehmer_Innen der M31–Demonstration in Frankfurt am Main, dass auch im vergleichsweise ruhigen Deutschland der Staat bereit ist, den sozialen Frieden gewaltsam durchzusetzen. Trotz allem waren beide Aktionen auf unterschiedliche Weise ein erster Versuch auch hier den Protest gegen die Entwicklungen in Europa wahrnehmbar zu machen und dabei eine Vernetzung und Zusammenarbeit — zumindest über die innereuropäischen Grenzen hinweg — voranzubringen.
Da dies aber nur ein Anfang gewesen sein kann, gilt es für uns als beteiligte Gruppen einige Fragen zu stellen: Wie genau stellt sich die politische Lage in Europa derzeit dar? Wie haben sich Lebensumstände verändert? Wie lässt sich die aktuelle Krisendynamik erklären? Gibt es Lösungsstrategien und was taugen sie? Können wir die Chancen eines Krisenbewusstseins nutzen und wird nun endlich dir (Ir–)Rationalität der kapitalistischen Verwertung noch den Letzten klar? Oder gilt es vielmehr durch konkrete Solidarität das Schlimmste zu verhindern?
Mit dem Workshoptag wollen wir im Anschluss an die gemeinsamen Proteste eine theoretische Vertiefung und einen Austausch von Beteiligten, Interessierten und Kritiker_innen erreichen, sowie nach Perspektiven für notwendige emanzipatorische Antworten auch auf europäischer Ebene suchen.
Dazu laden wir euch herzlich für Samstag, den 7. Juli ab 10:30 Uhr in die Räume der Rosa–Luxemburg–Stiftung im Neuen– Deutschland–Haus ein. Getränke und Essen wird es vor Ort geben.
organisiert von:
avanti, *aze und top–b3rlin
mit freundlicher Unterstützung der Rosa–Luxemburg–Stiftung
hier das Programm