Auf Indymedia wurde folgender Beitrag zur Demo veröffentlicht:
Die Politik sieht Berlin im Aufschwung und Investoren schauen mit Begeisterung auf den Immobiliensektor.Der grundsätzliche Widerspruch zwischen Interessen der Kapitalverwertung und den Bedürfnissen der Menschen findet derzeit ein neues Feld, Mieten. Das Mietverhältnis wird zu einem Feld von Ausbeutung und Verwertung und der allgemeinen Logik betriebswirtschaftlicher Berechnung angepasst.
Miete hoch
Der vor wenigen Wochen veröffentlichte Mietspiegel hat es bestätigt: Die Mieten steigen in Berlin rasant, besonders stark in der Innenstadt. Das hat massive Auswirkungen, immer mehr Menschen müssen umziehen, einige Bezirke wie Prenzlauer Berg sind schon Hartz IV frei. Die Veränderung der Stadt ist für alle Milieus spürbar. Eckkneipen schließen, Strandbars verschwinden, die Räume für Subkulturen werden enger. Gleichzeitig wird die Wohnungssuche immer schwieriger, die Kosten für ein Dach über dem Kopf immer höher. Diese Verschlechterungen der Lebensverhältnisse sind einerseits Folge ökonomischer Verwertungsprozesse, andererseits politisch gewollt und gesteuert. Der grundsätzliche Widerspruch zwischen Interessen der Kapitalverwertung und den Bedürfnissen der Menschen findet derzeit ein neues Feld, Mieten. Das Mietverhältnis wird zu einem Feld von Ausbeutung und Verwertung und der allgemeinen Logik betriebswirtschaftlicher Berechnung angepasst.
Daumen hoch
Die derzeitige Form politischer Verwaltung betrachtet diese Entwicklungen als notwendig und freut sich über den „Boom“ Berlins in diesem Sektor. Die Politik verschiebt ihr Aufgabenfeld von der direkten Bearbeitung sozialer Felder hin zu einer Sorge um den Standort „Stadt“. Es geht darum, ob Berlin attraktiver für Investoren ist als andere Standorte. Denn auch die Politik muss rechnen. Die Stärke des städtischen Haushalt und die Rentabilität der städtischen Ökonomie hängen vom erfolgreichen Bestehen in der Konkurrenz ab. Investor_innenschutz heißt das oberste Credo und mehr Menschen mit höheren Einkommen und weniger Menschen mit geringem Einkommen in der Stadt bedeuten letztlich einen gesünderen Haushalt. Auf dem Weg zu einer wettbewerbsfähigen Stadt werden die Bedingungen also gezielt auf die Interessen wichtiger Kapitalfraktionen hin verändert und reichen Menschen teurer Wohn- und Lebensraum präsentiert. Was der Stadt Geld kostet, aber für sie keinen Nutzen verspricht, wird abgeschafft. Das verkündet Unzufriedenheit der Betroffenen. Die einhergehende Bearbeitung der Massen verschiebt sich dabei von einer kostspieligen Bereitstellungspolitik (Sozialer Wohnungsbau, Schwimmbäder, Bibliotheken und Naherholungsgebiete etc.) hin zu einer subtileren Disziplinierung der Massen, die sich in lokalen Partizipationsmöglichkeiten, sei es im Quartiersmanagement oder bei den prekarisierten Sicherheitsdiensten (Be Quit, Roten Teufel, …) ausdrückt. So sollen im Mauerpark eine private Bürgervereinigung mit Patrouillen und Kontrollen ihr Verkaufsmonopol durchsetzen und abweichendes Verhalten der Parkbesucher_innen verhindern. Die Begründung ist, dass die Polizei zu starke negative Reaktionen hervorrufen würde. Die Partizipation von eifrigen Bürger_innen ist natürlich so lange genehm, wie sie helfen die Rahmenbedingung für den kapitalistischen Normalzustand durchzusetzen.
Wahlkampf
Im beginnenden Wahlkampf versuchen die Parteien sich eifrig als Kämpferinnen gegen steigende Mieten zu positionieren. Das Auseinanderfallen von Lippenbekenntnissen wie dem Wahlspruch der Berliner Grünen „Stadt für alle“ und der erwartbaren Politik ist kein Wunder. Stadt für alle heißt im Übrigen nichts anderes als die bestehenden Verhältnisse weiterzuführen, arm und reich friedlich in einen Kiez zu packen und Toleranz für die kapitalistischen Verhältnisse einzufordern. Diesen Verhältnissen ist die herrschende Politik verpflichtet, deswegen werden Appelle an die Parteien auch bei einer Zuspitzung des Problems höchstens zu kosmetischen Änderungen führen.Die einzige Alternative ist der Aufbau einer Bewegung, die die Stadt selbst in die Hand nimmt. Die Organisierung von unten hat in Berlin in letzter Zeit erste Fortschritte gemacht. Viele neu entstandenen Kiezinitativen rufen am 3. September zu einer große Mietendemo auf, die kurz vor der Wahl die Notwendigkeit einer außerparlamentarischen Bewegung aufzeigen wird. Es wird versucht breite Bevölkerungskreise mit dieser Aktion anzusprechen. Als Mobilisierung für diese Demo findet am 29. Juli eine Demonstration in Neukölln statt.