Politische Einordnung
Die M31-Mobilisierung nach Frankfurt ist als Erfolg zu werten. 6000 Menschen auf einer klar antikapitalistischen, linksradikalen Demonstration war eine beeindruckende Größe. Es fehlte der klare Anlass eines Gipfels oder Naziaufmarschs und das Thema war allgemein „Der Kapitalismus und die Finanzkrise“. Daher ist die Anzahl der Menschen noch höher einzuschätzen. Die verschiedenen autonomen und linksradikalen Gruppen wie UmsGanze, FAU und andere konnten eine Demonstration organisieren, welche bundesweite Anziehungskraft besaß. Die Mobilisierung der Interventionistischen Linke zu den Aktionstagen im Mai, ebenfalls in FFM, schien dabei nicht hinderlich zu sein. Im Vorfeld war absehbar, dass es nicht das Ziel der Mobilisierung war und sein konnte, weit in die „gesellschaftliche Mitte“ hineinzureichen.
Die M31-Mobilisierung schaffte es, dass sich größere Teile der radikalen Linken vernetzten und sich mit Krise und Kapitalismus theoretisch und praktisch auseinandersetzten. Unsere Gruppe „*andere zustände ermöglichen“ führte nicht nur in Berlin, sondern auch in Kassel, Rostock und Greifswald Theorieveranstaltungen durch. Dabei zeigte sich, dass das Interesse einer antikapitalistischen Erklärung der Krise im Euroraum groß ist. Die theoretische Fundierung linksradikaler Praxis ist dabei weiter ausbaubar. Gerade bei der Komplexität des derzeitigen Zustands kapitalistischer Organisierung ist es notwendig, eine klare theoretische Analyse liefern zu können und mit anderen Gruppen weiterzuentwickeln. Auch bei einer Mobilisierung, die sich an vielen Menschen richtet, sollte versucht werden zu zeigen, wie sich die eigene Kapitalismuskritik und Krisenanalyse von verbreiteten Verkürzungen unterscheidet. Bei der Analysebegleitung wie sie sich auch in vielen Aufrufen von unterschiedlichen Gruppen und Zusammenhängen ausgedrückt hat, zeigte sich auch, dass es bei der Ausrufung einer einmaligen Demonstration nicht um eine reine Eventpolitik handelt, solange der Mobilisierungsprozess zur Vernetzung und zum inhaltlichen Austausch genutzt wird. Deswegen wird die M31-Mobilisierung nicht wegen der 6000 Leute in Frankfurt, sondern wegen der Debatten, Treffen, Plakate in der Straße gegen den Kapitalismus, Flyern und Texten eine weitergehende Bedeutung für die antikapitalistische Szene in Deutschland haben.
Europa für Linke
Wichtiger Bestandteil des Aktionstages war seine antinationale Ausrichtung und seine europaweite Mobilisierung. Am Aktionstag selbst gab es eine sehr große Demonstration in Mailand und viele weitere Aktionen in sehr unterschiedlichen europäischen Ländern. Dass dabei in Griechenland keine größeren Proteste stattfanden, ist ein klares Manko des Aktionstages. Im Gegensatz zu den „Occpuy“-Protesten im vergangenen Jahr entwickelte sich keine enorme Dynamik zwischen den unterschiedlichen Bewegungen. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass mit einer klaren Analyse und Positionierung in einer linken Szene es schwieriger fällt zehntausende anpolitisierte Menschen auf die Straße zu bringen. Zum anderen ist die Vernetzung antikapitalistischer Gruppen in Europa nicht sonderlich weit fortgeschritten. Dies ändert sich auch nicht mit einem einzigen Aktionstag. Noch ist der Anspruch sich gegenseitig auf unterschiedliche Kämpfe in Europa produktiv beziehen zu können, noch nicht eingelöst. Dabei ist es notwendig auf rasante Entwicklungen wie die Verschärfung der Eurokrise oder heftige Proteste in Griechenland schneller zu reagieren.
Die bürgerliche Presse verkündet
Das Pressecho war vorhanden. Das ist in Frankfurt keine Selbstverständlichkeit. In der Frankfurter Rundschau war in Folge der Proteste zu lesen, dass die örtliche Polizei eigentlich die Linie verfolgt militante Proteste einfach komplett zu verschweigen.. Die hessische Mauer des Schweigens konnte also durchbrochen werden und wurde durch die klassische Hetze ersetzt. Es ist allerdings festzustellen, dass die Inhalte des Aktionstages und der antikapitalistische Charakter zur Geltung kamen. Es kam zu einer überregionalen Berichterstattung. Die Außenwirkung in die Gesellschaft wurde insoweit erreicht, dass vermittelt wurde, dass Antikapitalist*innen die Krise scheiße finden und auch mal deswegen einen Farbbeutel gegen die EZB werfen.
Ein gesellschaftlicher Diskurs der Polizeigewalt und unverhältnismäßige Maßnahmen kritisiert, konnte allerdings nicht angestoßen werden. Dies liegt zum einen an der Vehemenz der Demonstration, welche sie als geeigneter Ort zum Knüppeln erscheinen ließ und zum anderen daran, dass die meisten unterstützenden Gruppen als klar linksradikal einzuordnen waren. Die Vehemenz im Ausdruck ist wie immer mit dem Nachteil verbunden, dass der Staat leichter Repressionsschläge durchführen kann. Die hessische Polizei war zusätzlich mit der Lage überfordert. Sie hatten offenbar mit weniger Demonstrant*innen bzw. Militanz gerechnet. Dabei ist eine Überforderung der Polizei immer auch eine Gefahr, da sie dann leicht selbst einen „Ausnahmezustand“ herbeiführt.