„Vor einem Scherbenhaufen“: Unser Redebeitrag zur Demonstration „My body is not your porn“

Als wir unseren Redebeitrag für die Demo am 14. Februar 2021 vorbereiteten, waren wir uns schnell einig: Wir wollen die sexistischen und gewaltvollen Alltagszustände kritisieren, all unsere Wut gegen das Patriarchat richten. Das können wir ganz gut.

Wir blicken auf uns und unsere Strukturen, unsere Beziehungen, WGs, Politgruppen, Kollektive, Kneipen und Festivals. Ja, unsere kleine linke und feministische Blase.

Eine Blase, von der aus wir tagtäglich für ein anderes Miteinander kämpfen, und von der aus es sich besonders gut träumen lässt. In der wir Räume schaffen, die eine Gesellschaft im Kleinen abbilden, wie wir sie im Großen leben wollen. In der wir uns gerade jetzt, wo wir uns kontaktarm bis kontaktlos im Lockdown befinden, nach Nähe und stärkenden Gruppengefühlen sehnen, nach einem unbeschwerten Sich-fallen-lassen in Massen von unbekannten und vertrauten Menschen. Gemeinsam wollen wir das Patriarchat stürzen.

Aber wir stehen vor einem Scherbenhaufen. Das Sichtbarmachen der vielen Vorfälle vor allem im vergangenen Jahr und in den letzten Wochen haben uns erneut schmerzlich vor Augen geführt, dass wir überall verletzbar sind. Viele von uns haben nicht mal das Grundbedürfnis erfüllt bekommen, frei und unbeobachtet scheißen zu können.

In unseren vermeintlich sicheren Räumen mit dem Reklameschild „Wir alle sind feministisch und antisexistisch“ hat es immer Machtgefälle, Hierarchien, Übergriffe, Wegschauen und Schweigen gegeben. Wütend und ermüdet müssen wir immer noch feststellen, dass Sexismus und sexualisierte Gewalt kleingeredet und nicht ernst genommen werden. Dass ein Feminismus-Bekenntnis für Cis-Typen häufig zu einem Szene-Eingangs-Code verkommt, aber dennoch einen unhinterfragten Vertrauensvorsprung absichert. Dass sich Cis-Typen aus ihrer Verantwortung ziehen, indem sie mit dem Finger auf andere zeigen.

Wir blicken aber auch selbstkritisch auf uns. Auf eigene Privilegien und Situationen, in denen auch wir als flint*-Personen Grenzen verletzt haben. In denen wir uns immer wieder weggeduckt, betroffene Stimmen nicht ernst genommen und uns selbst belogen haben.

Der größte Schmerz kann in der Erkenntnis bestehen, wie allumfassend rape culture ist. Mit der eigenen Verwobenheit darin, dem Verletzlich-Sein, aber auch dem potenziellen Verletzend-Sein. Wir müssen anfangen darüber zu reden, dass rape culture sich neben Sexismus auch an entlang anderer Gewalt-Strukturen entladen kann, z.B. entlang Transfeindlichkeit und Rassismus. Vor diesem Scherbenhaufen stehen wir also. Aber wir stehen jetzt auf, mit Skepsis und mit Vorsicht, um einige Illusionen ärmer aber auch um einige Erkenntnisse reicher.

An alle Cis-Typen, die Allies werden wollen: kümmert euch um toxische Männlichkeit, um eure priviligierten Sozialisation in einer rape culture. Hört auf, das zu unserem Problem werden zu lassen.

An alle: Lasst uns daran arbeiten, eine Atmosphäre zu schaffen, in der wir über die scheinbar „kleinen“ Grenzüberschreitungen empört sein dürfen, in der wir unser Unwohlsein hinterfragen und Schweigen brechen. Wir wünschen uns ein Miteinander, das es ermöglicht, Übergriffe genauso wie akzeptiert geglaubte Verhaltensmuster und Grenzen zu erkennen, anzusprechen und dabei ernst genommen zu werden. Wir wünschen uns, dass wir eine gemeinsame Sprache finden für das negativ Erlebte, unsere Scham und unsere Wut, aber auch für unsere Sehnsüchte und Gefühle. Wir alle tragen die Verantwortung dafür.

Es gibt nämlich keinen Weg zurück in die vermeintliche Leichtigkeit, aber trotz oder sogar wegen des Misstrauens und Zweifelns eine Erleichterung. Es gibt keine einfache Utopie, aber wir spüren gerade hier und heute eine neue Verbundenheit in der Fragilität und Schwere.

Lasst uns miteinander behutsam und liebevoll sein, damit wir zusammen gefährlich sein können.

Lasst gemeinsam uns Rache am Patriarchat üben!

Demo: Rache am Patriarchat! Gegen jeden Sexismus – auf der Straße und privat

Sexismus und sexualisierte Gewalt gehören zum Alltag von Frauen, Lesben, Inter, Nicht-binären, Trans, Queeren und Asexuellen Personen, von FLINTA* Personen. Wir teilen die Erfahrungen ständig objektiviert und sexualisiert zu werden. Zum Kotzen – uns reicht’s! Kommt zur Demo: 14.02.2021 um 17 Uhr / Hermannplatz / FLINTA* only.

english, türk, kurdî, español, français, عربى

Die Gewalt gegen FLINTA*s findet im öffentlichen, privaten und digitalen Raum statt. Belästigung in der Öffentlichkeit, nicht erlaubtes Anfassen, häusliche Gewalt, heimliche Filmaufnahmen durch Spionage Kameras, Androhung von Gewalt und Gewaltfantasien in den sozialen Medien … die Liste ist unendlich. Auch während der Covid-19-Pandemie verschwindet die Gewalt nicht, sie wird nur unsichtbar gemacht. Seit Beginn der staatlichen Maßnahmen steigen die registrierten Vorfälle häuslicher Gewalt sowie sexueller Übergriffe immer weiter an, ganz zu schweigen von den Dunkelziffern. Der Staat schaut zu.

Im letzten Jahr haben wir die Demo „Rache am Patriarchat – #mybodyisnotyourporn“ organisiert, um gegen die Übergriffe auf dem Festival „Monis Rache“ laut zu werden. Auch in diesem Jahr wollen wir auf die Straße gehen und zeigen: Wir sind immer noch da und wir sind immer noch wütend! Wir werden uns die Nächte und die Straßen zurückholen! Es ist die Gewalterfahrung, die Erfahrung, verletzbar zu sein und verletzt zu werden, die uns überall auf der Welt verbindet. Wir lassen uns nicht instrumentalisieren, sondern tragen unseren wütenden Kampf weiter in die Öffentlichkeit.

Wir fordern eine dauerhafte Auseinandersetzung mit patriarchalen, gewaltvollen Strukturen – in allen Räumen. Von unserem eigenen Freund*innenkreis, über linke Strukturen bis hin zu den Medien, von angemessener Berichterstattung bis zu sinnvollen politischen Maßnahmen. Die Liste ist lang und wir haben die Schnauze voll von leeren Worten. Wir erwarten, Feminizide, sexuelle Übergriffe und sexualisierte Gewalt zu benennen und anzuerkennen, von allen Personen und Institutionen in der Gesellschaft.

Schon als Kinder sind wir damit konfrontiert, dass wir entweder „weiblich“ oder „männlich“ sein sollen. „Weiblich“ heißt: Du sollst gefallen, gehorchen und dich gleichzeitig vor Übergriffen schützen. „Männlich“ wiederum heißt: Du sollst stark, selbstständig und unemotional sein. Menschen, die sich in keiner der beiden Kategorien sehen, wird gar nicht erst Raum gegeben. Sie erfahren von klein auf massive Gewalt an ihrem Körper und ihrer Identität. Wir setzen uns diesem gewaltvollen System entgegen und brechen die Strukturen auf.

Wir gehen auf die Straße, um das gesellschaftliche Bild von romantischen Beziehungen zu erweitern. Wir wollen leben und lieben, wie wir wollen und brechen mit den traditionellen Vorstellungen von Liebe und Romantik, die den Valentinstag dominieren.

Diesen Kampf führen wir nicht alleine und auch nicht als Erste. Seit Jahrhunderten stellen sich FLINTA*s auf der ganzen Welt der patriarchalen Gewalt entgegen, wie z.B. unsere Genoss*innen in Argentinien, Korea, Polen, Kurdistan uvm. Unser Feminismus bezieht die Wechselwirkung aller Diskriminierungen mit ein und ist international. Er bringt Veränderung!

Solidarität mit: #MyLifeIsNotYourPorn #NiUnaMenos #MyStealthyFreedom #metoo #WomenDefendRojava #WomenOnWaves #100ReasonsToPersecuteTheDictator #FLINTAsUnited …und vielen anderen.

Lasst uns laut sein, lasst uns wütend sein, lasst uns unsere Kraft auf die Straßen tragen. Denn es gibt Grund zu hoffen: Wir können verändern, wir haben verändert und wir werden verändern!

Deshalb gehen wir FLINTA*s auf die Straße, um gegen die patriarchalen Zustände zu demonstrieren, die sexualisierte Gewalt möglich machen:

#takebackthenight!
#MyBodyIsNotYourPorn

Facebook-Event:
Rache am Patriarchat! Gegen jeden Sexismus auf der Straße und privat!
https://www.facebook.com/events/247399000234865/
Kontakt: racheampatriarchat@systemli.org

Aufgrund der Pandemie werden wir während der ganzen Demo auf Abstandsregeln und das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung achten! Tragt wenn möglich medizinische Masken (FFP2/OP)! Achtet aufeinander und haltet jederzeit 1,5 m Abstand – auch beim Ankommen und Verlassen der Demo!

Für Personen, die nicht gut/lange/nicht laufen können, wird es ein Transportmobil geben.

Unterzeichnende Gruppen: Feministischer Streik Berlin, FLINTA*ktion, *andere zustände ermöglichen, SJB, Kali feminists, nika berlin/nika ot, demob, Women Defend Rovaja Berlin

Ein Jahr Rache am Patriarchat

Heute vor einem Jahr haben wir – Frauen, Lesben, inter, nichtbinäre und trans Personen (FLINT*) der Gruppe *aze – wie viele andere Betroffene, von sexualisierter Gewalt in unserem unmittelbaren Umfeld erfahren. Sexualisierte Gewalt an uns selbst. Der Täter ist ein Cis-Mann, von dem wir dachten, er sei unser Genosse, der ein linkes Festival mitorganisiert hat und jahrelang in unseren Strukturen eingebunden war. Er hat uns auf diesem Festival, Monis Rache, heimlich auf Dixi-Klos gefilmt und diese Videos über das Streamingportal xHamster online angeboten, sie getauscht und verkauft. Keine der gefilmten Personen wusste davon.

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Warum eine flint*-only Demo?

Warum diese Demo eine flint*-only Demo ist: 

Zunächst: Das ist unser Abend und unsere Demo! Wir wollen diese selbst gestalten, so wie wir Lust drauf haben! Was ist daran so schwer zu verstehen?

We take back the streets and the night 

„Wir werden uns nicht aus öffentlichen Räumen zurückziehen, sondern wir wollen, dass sie sich verändern, damit wir uns wohl fühlen können.“ So steht es im Aufruf, so ist es auch gemeint. Auch wenn es noch ein langer Weg ist. Ein erster Schritt auf diesem Weg ist es, Räume zurück zu erobern. Mit dieser Demo wollen wir flint*s uns Raum nehmen. Raum, der sonst so oft von cis-Männern dominiert wird. Raum, der bei Nacht für viele von uns am unangenehmsten sein kann. Die Vorfälle auf dem Festival „Monis Rache“ haben uns schmerzhaft daran erinnert und unsere Erfahrungen bestätigt: Es gibt keine sicheren Räume für flint*s – weder in (linken) öffentlichen, noch in digitalen Räumen. Blicke, blöde Kommentare, Abwertungen, sexualisierte Übergriffe – all dies ist sexistischer Alltag für viele von uns. Meistens sind cis-Männer diejenigen, von denen Sexismus und sexualisierte Gewalt ausgeht, weswegen ein Ausschluss für die Schaffung von Schutzräumen bei diesen Themen notwendig und wichtig sein kann.  Wir möchten diesen Abend nutzen, um unsere Stimmen und unsere Perspektiven laut(er) und sichtbar(er) zu machen. Wir wollen, dass uns zugehört wird und wir wollen, dass es respektiert und ausgehalten wird, dass wir dieses Mal einfach mal unter uns flint*s sein wollen. Basta. 

Einfach mal weniger Gedanken um Alltagssexismus machen – ist das möglich? 

Wir wollen einfach mal entspannt ohne cis-Typen sein können. Es kann für viele von uns unglaublich entlastend und befreiend sein, einmal nicht in der jahrelang antrainierten „gleich-passiert-wieder-was“-Sicherheitsstellung sein zu müssen. Zum Beispiel dann, wenn eine flint*-Person nachts allein einem oder mehreren cis-Typ(en) auf der Straße begegnet – auch wenn nichts „passiert“ – es ist jedes verdammte Mal aufs Neue anstrengend davon ausgehen zu müssen, gleich wieder mit einem unangenehmen Blick, einem sexistischen Kommentar oder Schlimmerem konfrontiert zu werden. Aber auch im vermeintlich feministischen, linken Miteinander zum Beispiel auf einer Party, beim Plenum oder eben auf einer Demo kann dominantes Verhalten von cis-Typen verletzen und anwesende flint*s einschränken.  Für uns ist es daher wichtig, Räume zu schaffen, in denen wir uns begegnen können ohne ständig gegen sexistische Normalzustände und ohne vorherrschende Rollenbilder kämpfen zu müssen.

Wir brauchen Momente der Verbundenheit und des Empowerments für uns 

In den vergangenen Wochen (und sowieso das ganze Leben lang) haben viele von uns eine schwere Zeit durchmachen müssen. Bei all dieser Scheiße sind aber auch viele wunderbare und stärkende Dinge passiert: Momente der Verbundenheit, des Nicht-Alleinseins, der Solidarität, der gemeinsamen Kämpfe. All dies kann unglaublich empowernd wirken und uns Kraft geben, auch im Alltag weiter kämpferisch zu bleiben. Auf unserer Demo wollen wir uns als flint*s vernetzen und weitere Momente des Empowerments erleben. Wir wollen zusammen Parolen rufen, wütend und traurig sein und uns darüber freuen, was wir gemeinsam auf die Beine gestellt haben. Außerdem haben wir die Erfahrung gemacht, dass es für einige flint*s entspannter sein kann, sich auszuprobieren, wenn keine cis-Männer präsent sind – bspw. indem sie die Moderation der Demo übernehmen oder die erste Person sind, die eine Parole rufen, etc. Für einige von uns ist das die Voraussetzung, um überhaupt an der Demo teilnehmen zu können. 

Betroffen sind wir alle – mit einem entscheidenden Unterschied

 Klar, auch cis-Männer sind vom Patriarchat betroffen. Und auch auf dem Festival „Monis Rache“ wurden scheinbar alle Menschen gefilmt, die das Dixie-Klo besucht haben. Aber: nur Videos von Menschen, die als „weiblich“ gelesen wurden, wurden offensichtlich online gestellt und verbreitet. Zudem haben viele von uns in den letzten Wochen sehr verletzende Erfahrungen machen müssen – auch bzw. vor allem mit sog. linken cis-Typen: von absolutem Schweigen zu der ganzen Sache über „ach komm, was ist denn daran nun so schlimm“ bis hin zu „auf keinen Fall hätte das ein cis-Typ von uns sein können“ war alles dabei.  Es sind flint*s, die überwiegend vom patriarchalen System benachteiligt werden. Auch sich selbst als feministisch bezeichnende cis-Männer können patriarchale Strukturen reproduzieren und dadurch anwesende flint*s einschränken. Wir werden ohne cis-Männer demonstrieren, um auf die Privilegien aufmerksam zu machen, mit denen die Kategorie cis-Mann verbunden ist (auch wenn uns klar ist, dass nicht alle cis-Männer die gleichen Privilegien haben). 

Sexismus und sexualisierte Gewalt geht uns alle an 

Wir begrüßen es sehr – und es ist verdammt auch nochmal notwendig!! – wenn sich cis-Typen intensiv mit der ihnen zugewiesenen Geschlechterrolle sowie den sich daraus ergebenden Privilegien beschäftigen. Wir erwarten außerdem, dass sich cis-Männer Räume schaffen und sich kritisch mit patriarchaler Gewalt auseinandersetzen. Denn Sexismus und sexualisierte Gewalt geht uns alle an und sollte nicht wieder denen überlassen werden, die stärker davon betroffen sind. Daher müssen wir alle den Kampf gegen das Patriarchat kämpfen! Nur weil wir eine Demo machen, die cis-Tpyen ausschließt, heißt das nicht, dass wir nicht gemeinsam (weiter) kämpfen wollen und müssen.

Rache am Patriarchat! My body is not your porn. Still <3ing my Choice

Demonstration, 14.2.2020, 18 Uhr, Hermannplatz

Feministische Demo in Berlin am 14.02., 18 Uhr, Hermannplatz
Im Anschluss: Kneipenabend in der Tristeza, Pannierstraße 5, 12047 Berlin // only FLINT* welcome

Demoroute: Hermannplatz – Kottbusser Damm – Kotti – Skalitzer Straße – Warschauer Straße

Demobus: Es wird während der Demo einen begleitenden Bus geben, in diesem könnt ihr euch zurückziehen und sitzen. Der Bus ist barrierearm und ist mit bis zu zwei Rollis zu nutzen.

Aufruf zur Demo in verschiedenen Sprachen: https://whatthefuck.noblogs.org/demo-monis-rache/

Sexismus und sexualisierte Gewalt gehören zu unserem Alltag. Wir spüren die Blicke von Männern auf der Straße. Wir kennen das Gefühl, wenn unsere Körper gegen unseren Willen bewertet werden. Wir –  Frauen, Lesben, inter und nichtbinäre Personen, Trans und Queers (FLINT*) – teilen die Erfahrung, objektiviert und sexualisiert zu werden. Schon in der Kindheit wurde uns gesagt, wie wir uns zu verhalten haben. Dass wir zu gefallen haben und gehorchen sollen. Und dass wir uns gleichzeitig vor Übergriffen schützen müssen. Es ist die Gewalterfahrung, die Erfahrung verletzbar zu sein und verletzt zu werden, die uns überall auf der Welt verbindet. 

Anfang des Jahres 2020 wurde bekannt, dass ein Mann auf einem linken Festival, auf „Monis Rache“, heimlich auf Dixie-Klos gefilmt hat. Er hat Videos von uns über das Streamingportal xHamster online angeboten, sie getauscht und verkauft. Solche Plattformen sind Räume, in denen Gewalt normalisiert wird und nicht konsensuelle Handlungen als „Porno“ getarnt und vermarktet werden. Keine der gefilmten Personen wusste davon. Es gab Menschen im Umfeld des Täters, die von den Videos erfahren haben. Diese Personen haben unverantwortlich gehandelt, da sie sich ausschließlich mit dem Täter beschäftigt haben, aber weder Betroffene, noch Umfeld des Täters oder die Festivalorganisator*innen informiert haben. 

Das ist nicht der erste Fall, das ist ein Beispiel von vielen. 
Immer wieder versuchen Männer, Macht über unsere Körper zu bekommen. Nirgends sollen wir uns sicher fühlen, nicht einmal auf der Toilette. Heimlich werden FLINTS* gefilmt: beim Duschen, Pinkeln oder Umkleiden. Ungefragt wird auf der Straße unter den Rock oder in den Ausschnitt fotografiert. Das zeigen zahlreiche Fotos und Videos im Internet, die dort ohne unser Wissen und ohne unsere Zustimmung verbreitet und als „Porno“ verkauft werden. Männer behaupten, sie würden mit den Videos ihrer „sexuellen Neigung“ nachgehen. Doch es ist keine sexuelle Neigung, es ist kein Fetisch, wenn etwas gegen den Willen oder ohne das Wissen der Beteiligten passiert. Es ist eine gewaltvolle Ausübung von Macht, die unsere Selbstbestimmung und Persönlichkeit zutiefst verletzt. Das ist sexualisierte Gewalt!

Immer wieder bekommen wir zu spüren, dass selbst Räume, die von unseren Freund*innen und Genoss*innen gestaltet und besucht werden, nicht sicher für uns und andere FLINTS* sind. Immer wieder erleben wir in unserem Umfeld, dass sexualisierte Gewalt verharmlost wird und wir Unterstützung selbst organisieren müssen.

Daher schließen wir uns zusammen — stark und solidarisch. Wir werden uns nicht aus öffentlichen Räumen zurückziehen, sondern wir wollen, dass sie sich verändern, damit wir uns wohl fühlen können. Alle Menschen sollen selbst bestimmen, ob und mit wem sie Sex haben möchten. Alle Menschen sollen selber bestimmen können, ob sie mit dem eigenen Körper oder erotischen Dienstleistungen Geld verdienen wollen. Kein Mensch soll sexualisierte Gewalt erleben. Wir fordern sichere öffentliche Räume, offline und online. Wir fordern, dass Täter zur Rechenschaft gezogen werden, genau wie Plattformen, auf denen Gewalt normalisiert wird. Wir fordern von Männern, dass sie zu unseren Verbündeten werden statt weiter vom Patriarchat zu profitieren und damit Täter zu schützen. Den Müll runterzubringen und das Feminismus-Shirt anzuziehen reicht nicht!


Überall auf der Welt erheben sich Frauen, Lesben, inter und nichtbinäre Personen, Trans und Queers. Sie schließen sich zusammen, gegen die Gewalt, der wir alle ausgesetzt sind. Unter dem Slogan „My life is not your porn“ gingen in Südkorea Tausende auf die Straße. In Argentinien und anderen lateinamerikanischen Ländern verbinden sich FLINTS* unter #NiUnaMenos gegen Femizide und sexistische Gewalt. Wir rufen uns #metoo zu. Und wir stimmen in die Schreie der feministischen Gruppe LasTesis in Chile mit ein:

Das Patriarchat ist ein Richter, der uns für unsere Geburt verurteilt. Und unsere Strafe ist die Gewalt, die du jetzt siehst. Doch es war nicht meine Schuld, egal wo ich war, egal wie ich angezogen war. Der Vergewaltiger bist du.

Aus unserer Verletzung wird Wut, aus unserer Angst Solidarität. Gemeinsam sind wir Monis Rache am Patriarchat!
Daher gehen wir – OHNE TYPEN! – auf die Straße, um gegen die patriarchalen Zustände zu demonstrieren, die sexualisierte Gewalt möglich machen: #mybodyisnotyourporn!

Kommt zur Demo: Freitag, 14.02.2020 // 18 Uhr Hermannplatz // only FLINT* welcome
Still <3ing my Choice!