Neonazis, Anti-Asyl-Proteste und die AfD – die rechte Melange in Cottbus

Cottbus Zukunft Heimat AfD Kommunalwahl Landtagswahl EuropawahlPodiumsdiskussion mit der Opferperspektive Brandenburg und dem Aktionskollektiv Cottbus
15.Mai 2019 | 19 Uhr | Aquarium im Südblock (U Kottbusser Tor, Skalitzer Str. 6)

Im Jahr 2018 gab es 35 rechte Angriffe in Cottbus – damit führt die zweigrößte Stadt Brandenburgs die Statistik rechter Gewalt im Bundesland an. Möglich ist dies durch die Normalisierung rechter, rassistischer und flüchtlingsfeindlicher Positionen.

Eine enge Vernetzung von bekannten Neonazis, dem Leuchtturmprojekt der Anti-Asyl-Proteste „Zukunft Heimat“, der rechten Kampagnenorganisation „ein Prozent“ und der AfD lässt auch für die kommenden Kommunal- und Landtagswahlen nichts Gutes erhoffen. Bisherigen Prognosen nach wird die AfD stärkste Kraft in Cottbus werden – wie auch schon bei der Bundestagswahl 2017, wo die Partei fast 27% erhielt.

Wir diskutieren mit dem Podium über die Situation in Cottbus, welche Verflechtungen sich nachweisen lassen und wie antifaschistische Gegenstrategien in Brandenburg aussehen können.

Neonazis, Anti-Asyl-Proteste und die AfD – die rechte Melange in Cottbus

Cottbus Zukunft Heimat AfD Kommunalwahl Landtagswahl Europawahl

 

 

 

 

Podiumsdiskussion mit der Opferperspektive Brandenburg und dem Aktionskollektiv Cottbus
15.Mai 2019 | 19 Uhr | Aquarium im Südblock (U Kottbusser Tor, Skalitzer Str. 6)

Im Jahr 2018 gab es 35 rechte Angriffe in Cottbus – damit führt die zweigrößte Stadt Brandenburgs die Statistik rechter Gewalt im Bundesland an. Möglich ist dies durch die Normalisierung rechter, rassistischer und flüchtlingsfeindlicher Positionen.

Eine enge Vernetzung von bekannten Neonazis, dem Leuchtturmprojekt der Anti-Asyl-Proteste „Zukunft Heimat“, der rechten Kampagnenorganisation „ein Prozent“ und der AfD lässt auch für die kommenden Kommunal- und Landtagswahlen nichts Gutes erhoffen. Bisherigen Prognosen nach wird die AfD stärkste Kraft in Cottbus werden – wie auch schon bei der Bundestagswahl 2017, wo die Partei fast 27% erhielt.

Wir diskutieren mit dem Podium über die Situation in Cottbus, welche Verflechtungen sich nachweisen lassen und wie antifaschistische Gegenstrategien in Brandenburg aussehen können.

Demo gegen den Europäischen Polizeikongress

Polizeikongress

 

 

Demonstration am 16. Februar 2019
17 Uhr Frankfurter Tor

Vom 19. bis 20.2. findet der 22. europäische Polizeikongress in Berlin statt, eine Diskussionsplattform für Vertreter*innen der Polizei und Sicherheitsbehörden, sowie eine Industrieausstellung für die neuesten Waffen und Überwachungstechnologien.

Dieser Kongress bietet Jahr für Jahr eine Möglichkeit, um die Überwachung und Verfolgung unliebsamer politischer Gegner*innen effektiver zu machen und europaweit zu standardisieren. Thema des diesjährigen Kongresses ist: „Sicherheit-Migration-Integration“.

Der Schutz der europäischen Außengrenzen soll intensiviert werden, jede Fluchtunterstützung wird zu einer Straftat und unangepasste Menschen sollen mit dem Knüppel assimiliert werden. Ein weiteres großes Thema des diesjährigen Programms ist der Einsatz smarter Kriminalitätsbekämpfung, inklusive intelligenter Videoüberwachung und künstlicher Intelligenzen. Die Auseinandersetzung mit dieser Thematik ist essentiell, wenn wir weiterhin widerständig und rebellisch bleiben wollen. Gegen die neuen Polizeigesetze, sowie gegen die massenhafte Überwachung gibt es bereits großen Widerstand.

An diesen wollen wir mit der Demonstration anknüpfen und drei Tage vor Beginn des Kongresses spektrenübergreifend, lautstark und entschlossen auf die Straße gehen. Die Demonstration soll Raum für die Vermittlung von Inhalten bieten und ein solidarischer Raum für die verschiedensten Aktions- und Ausdrucksformen sein. Deshalb gilt: Die Demo ist das, was wir alle daraus machen! Verlasst euch nicht darauf das Menschen das organisieren, was euch gefällt. Wenn ihr wollt, dass beispielsweise rund um die Demonstration geflyert wird, nehmt es selbst in die Hand. Wir wünschen keine Fahnen oder sonstige Symbole von Parteien auf der Demonstration, dasselbe gilt für deren Jugendorganisationen. Sollte es zu Übergriffen und Festnahmen kommen, wollen wir uns solidarisch verhalten. Wir lassen niemanden zurück. Achtet auf euch und eurer Umfeld.

Falls ihr Festnahmen beobachtet oder selbst davon betroffen seid, kontaktiert den Berliner Ermittlungsausschuss (EA). Dieser wird ab Beginn der Demonstration unter der Nummer: 030/69 22222 geschaltet sein und hilft euch im Falle des Falles, unter anderem durch die Vermittlung von Anwält*innen. Bitte vergesst nicht euch beim EA abzumelden, wenn ihr entlassen werdet. Aktuell ist davon auszugehen, dass es im Vorfeld der Demo zu Vorkontrollen kommt. Diese gilt es zu umgehen und/oder kollektiv zu verweigern.

Lasst euch nicht einschüchtern.

Demonstrieren wir: Grenzenlos, Selbstbestimmt und Solidarisch gegen die autoritäre Formierung und den wachsenden Polizeistaat!

Solitresen für Antirepressionskosten (Meuterei)

Meuterei

 

 

 

Aktionen und Demonstrationen brauchen lange Vorbereitungen und lange Nachbereitungen. Um die finanziellen Folgen von Polizeigewalt gegen die Proteste beim AfD-Parteitag in Hannover 2017 zu mildern, laden wir am Freitag, den 22. Februar, zum Solitresen in der Meuterei. Kommt, trinkt, spendet!

Kneipenkollektiv Meuterei
Reichenberger Str. 58
10999 Berlin
U1 Görlitzer Bahnhof
U8 Kottbusser Tor
M29 Ohlauer Straße

Feministisch Saufen bei Gut am Montag

faq Infoladen

 

 

 

Der f.a.q.-Infoladen vernetzt seit 10 Jahren Menschen und Projekte in Berlin, die radikale Gesellschaftskritik aus queer-feministischer Perspektive betreiben. Auch der f.a.q. ist wie viele andere Projekte durch steigende Miete, Modernisierung und Hausverkäufe von Verdrängung bedroht und will deshalb mit euch vergnügt und feministisch saufen, um die hohen Kosten zu decken.

Der faq ist immer offen für Leute, die sich queer-feministisch organisieren wollen, egal ob als regelmäßige Gruppe oder für eine einmalige Veranstaltung. Die Räume sind barrierearm. Der Laden verlangt keine Miete, freut sich aber sehr über Spenden. Ihr findet ihn in der Jonasstr. 40, in Neukölln.

Line up
kiko_kazuki (female* hip-pop)
ink. (pop/downbeat)
gizzel+frizzel (hiphop)

ab 20 Uhr im Möbel Olfe
Reichenberger Str. 177
10999 Berlin
U-Bahn Kottbusser Tor
Durchgang zum Kottbusser Tor
Eingang an der Dresdner Straße

Soli-Tresen für What the Fuck!

What the fuck! Mein Bauch gehört Bier

 

 

Femnismus bleibt Handarbeit: Um die Kosten für die Proteste gegen den „Marsch für das Leben“ zu decken, laden wir euch zu einem kleinen, unchristlichen WINTERtresen mit Glühwein und Soli-Cocktails ein. Damit wir auch nächsten September den Fundis ihren Marsch vermiesen können!

14. Dezember 2018, ab 20 Uhr
im subversiv in der Brunnenstraße 7 (U Rosenthaler Platz)

What the Fuck: Antirepressionstreffen

Aussageverweigerung christlicher Fundamentalismus

 

 

 

Das What the Fuck-Bündnis wird ein öffentliches Antirepressionstreffen am 26.11.2018 um 19.30 Uhr in der Meuterei veranstalten, bei dem auch Vertreter*innen der Roten Hilfe anwesend sein werden!

Über ein Monat ist seit dem „Marsch für das Leben“ und den Gegenprotesten vergangen.
Bei den Protesten waren ziemlich viele Zivis unterwegs. Einige Genoss*innen wurden rausgegezogen, mussten Personalien angeben und sind in die Gesa gekarrt worden.
Deshalb gibt es ein öffentliches Antirepressionstreffen am 26.11.2018 um 19.30 Uhr in der Meuterei. Auch Menschen von der Roten Hilfe werden anwesend sein. Kommt vorbei, wir sind für euch da.

Wir wollen an dieser Stelle nochmal auf Einiges im Umgang mit möglicherweise anfallenden Repressionen hinweisen:

Meldet euch bei Marsch für das Leben? What the Fuck, sie haben für anfallende Repressionskosten Geld gesammelt.
„Anna* und Arthur* haltens Maul“. Will heißen: Wenn ihr als Beschuldigte in einem Strafverfahren vorgeladen werdet, ist es grundsätzlich geboten die Aussage zu verweigern. Hierzu gehört auch, dass ihr keine (!) Entlastungszeug_innen nennt, da das im schlimmsten Fall dazu führt, dass eure Freund_innen ebenfalls angezeigt werden. Falls ihr unsicher seid, sprecht mit eurer Ortsgruppe der Roten Hilfe oder eurer_m Anwält_in. Spätenstens an dieser Stelle sollte klar sein, dass es Sinn macht Rote Hilfe Mitglied zu werden!

Kaffe, Kuchen, Briefe schreiben

Abtirepression G20 Hamburg

 

 

 

Im Rahmen des Solimonats in der meuterei in der Reichenberger Straße, wollen wir euch einladen zum gemütlichen zusammensein. Wir wollen Briefe an Gefangene schreiben und dabei einige Fragen beantworten: Was muss ich beim Schreiben beachten? Was kann ich schreiben, was eher nicht? Und ist der Kuchen vegan? Bringt gerne Stifte und Spaß mit, für alles andere sorgen wir.

Mehr Infos zum Briefe schreiben bei der Roten Hilfe und bei United we stand!

Kundgebung und Demo: Gedenken an die Reichspogromnacht in Berlin-Moabit

Reichspogromnacht Berlin Moabit Gedenkdemonstration

 

 

 

9. November 2018 – 17 Uhr | Mahnmal Levetzowstraße, Berlin Moabit Gedenkkundgebung und anschließende antifaschistische Demonstration

»Je näher wir an Berlins Mitte mit seinen vielen jüdischen Läden kamen, desto mehr verwüstete Geschäfte entdeckte ich. Überall lagen die Scherben und die Auslagen der Schaufenster auf den Gehwegen herum. Ich kann mich an einen SA-Mann erinnern, der zwei elegant gekleidete Schaufensterpuppen in die Gosse warf. Nun hörte ich auch das Gebrüll der Nazi-Meute: „Judenschwein!“, hallte es durch die Straßen.«

So erlebte Ruth Winkelmann, damals Schülerin an einer jüdischen Mädchenschule in Berlin-Mitte ihren Schulweg am 10. November 1938. Sie beschreibt den 9. November 1938 als den Tag, der ihre unbeschwerte Kindheit beendete. Ihre Schule wurde bald geschlossen, sie musste Zwangsarbeit leisten, entkam mehrere Male knapp der Deportation. Ihr Vater wurde in Auschwitz ermordet. Ihre kleine Schwester starb, drei Tage nach ihrem achten Geburtstag im März 1945 an Typhus, im Versteck in einer Berliner Laubenkolonie.

Am 9. November 1938 fanden die Novemberpogrome ihren Höhepunkt. Im gesamten Deutschen Reich wurden Jüdinnen*Juden verschleppt, vergewaltigt, inhaftiert und ermordet. Jüdische Geschäfte, Wohnungen, Gemeindehäuser und Synagogen wurden geplündert, zerstört und in Brand gesteckt. Auf den Straßen brach sich der gewalttätige deutsche Antisemitismus Bahn, der staatlich angestoßen und koordiniert wurde. SA und SS führten die Morde, Brandstiftungen und Verwüstungen an. Die nicht-jüdische Bevölkerung beteiligte sich aktiv an dem Pogrom oder stimmte mit ihrem Schweigen zu.

Auftakt zur Vernichtung

Insgesamt wurden in den Tagen um den 9. November 1.300 Jüdinnen*Juden ermordet, über die Hälfte der Gebetshäuser und Synagogen in Deutschland und Österreich wurden zerstört. Ab dem 10. November erfolgte die Deportation von 30.000 Jüdinnen*Juden, davon allein 6.000 Berliner*innen in Konzentrationslager. Die Pogrome waren der Auftakt zur Vernichtung. Bis zum 9. November 1938 hatte das nationalsozialistische Deutschland Jüdinnen*Juden Schritt für Schritt aus der Gesellschaft ausgegrenzt: mit Berufsverboten, Ausschluss aus den Universitäten, später mit den „Nürnberger Rassegesetzen“ sowie der „Arisierung“ jüdischer Unternehmen. Mit dem Überfall Deutschlands auf Polen begann dann 1939 die NS-Eroberungspolitik. Hinter den Truppen der nach Osteuropa vorrückenden Wehrmacht folgten die deutschen Einsatzgruppen, die als „Volksfeinde“ gebrandmarkte Menschen in Massenerschießungen ermordeten. Neben Jüdinnen*Juden wurden Rom*nja, Sinti*zza, psychisch kranke und geistig behinderte Menschen sowie Kommunist*innen und andere politische Gegner*innen ermordet. Die NS-Vernichtungspolitik gipfelte in der Shoah, dem industriellen Massenmord: Bis 1945 ermordeten die Deutschen sechs Millionen Jüdinnen*Juden.

German Gedächtnis

Nach 1945 war die spezifisch deutsche Erinnerung bestimmt von der Hervorhebung einzelner pathologisierter Verbrecher. Demgegenüber behauptete der Großteil der deutschen Bevölkerung nichts von den – laut dem heutigen Stand der Forschung – über 42.000 Orten nationalsozialistischer Verbrechen in Europa gewusst zu haben. Mit dem Abbruch der Entnazifizierung in der BRD, erhielt der Nationalsozialismus als eine aufzuarbeitende Geschichte, erst in den 1960er Jahren durch den Eichmannprozess und die Auschwitzprozesse wieder Beachtung – und das auch nur mit Widerstand gegen die in die Staatsapparate reintegrierte NS-Funktionselite. Die Frage der Erinnerung bleibt in Deutschland stets mit dem Versuch der Schuldloslösung verbunden. Die Etappen und Nuancen reichen vom Beschweigen und Verdrängen der Täter*innengeneration, der unvollständigen Anklage der 68er-Bewegung, bis hin zur öffentlichen Empörung über den Kniefall von Willy Brandt vor dem Ehrendenkmal des Warschauer Ghettos 1970. Dieser steht symptomatisch für den Wandel der deutschen „Verleugnungsgemeinschaft“ zu einer vermeintlich vorbildlichen „Erinnerungsgemeinschaft“, die schließlich um ihr Holocaustmahnmal „beneidet“ werden sollte. Tatsächlich dauerte es jedoch bis weit in die 2000er Jahre bis sowjetische Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter*innen, Homosexuelle, Opfer sozialrassistischer Verfolgung sowie Sinti*zza, Rom*nja und Jenisch, kranke und geistig behinderte Menschen als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt wurden. Bis heute müssen Opfer in der Rolle der Bittsteller*innen auftreten und bekommen Entschädigungszahlungen vorenthalten. Das mag erst einmal widersprüchlich wirken, ist doch die Geschichte der Wiedergutwerdung der Deutschen zu einem Gründungsmythos der BRD gereift. Diese habe sich in Negation zum Nationalsozialismus gegründet und kämpfe nun aufrecht gegen das Böse. Deutscher Antisemitismus besteht in jener Erzählung nur in historischer Form. Doch die andauernde Verweigerungshaltung gegenüber Geschädigten macht es sehr deutlich: Eine tatsächliche Aufarbeitung der Verbrechen und der gesellschaftlichen Verhältnisse, die den Nationalsozialismus hervorgebracht haben, hat es nie gegeben. Die toten Jüdinnen*Juden dienen lediglich als Fundament einer neuen nationalen Selbstvergewisserung.

Antisemitismus, eine deutsche Normalität

Mit der Alternative für Deutschland (AfD) ist im letzten Jahr eine Partei in den Bundestag eingezogen, die autoritären Bedürfnissen und völkischem Denken der deutschen Mehrheitsgesellschaft einen bedeutenden Platz einräumt. Instrument ihrer Politik ist dabei nicht selten ein ekelhafter Geschichtsrevisionismus. So zeigte im Juli diesen Jahres eine AfD-Besucher*innen-Gruppe der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen ihre Verachtung für das Gedenken an die Opfer der Shoah: An einem Ort an dem zehntausende Menschen ermordet wurden zog die Gruppe die Existenz von Gaskammern in Zweifel, relativierte und verharmloste die Verbrechen und warf der Gedenkstätte Manipulation vor. Solche Ausfälle zeigen sich auf allen Ebenen in der AfD, von der Basis bis zum Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland. Dieser behauptete auf dem Bundeskongress der Jungen Alternative im Juni 2018, dass der Nationalsozialismus nur ein »Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte« sei. Industrieller Massenmord soll so zu einer geschichtlichen Randnotiz erklärt werden um sich endlich ungehemmt dem nationalen Taumel hingeben zu können. Durch ihre Sitze in Landtagen und im Bundestag versucht die AfD Einfluss auf Kuratorien und Stiftungsräte von NS-Gedenkstätten zu nehmen um deren Arbeit entsprechend zu beeinflussen. Oft haben alle in den Parlamenten vertretenen Parteien dort Sitz und Stimme. »Der bloße Gedanke, dass ein Vertreter einer Partei, die die zwölf Jahre des Naziregimes wegstreichen will und eine deutlich antisemitische Haltung an den Tag legt, in dem Stiftungsrat sitzen wird, bereitet uns Überlebenden und deren Nachfolgern größte Besorgnis«, schrieb dazu 2017 die Vertreterin der „Amicale des Anciens Déportés de Bergen-Belsen“.

Während in der deutschen Mehrheitsgesellschaft also erneut in Frage gestellt wird, ob die Auseinandersetzung mit der Shoah relevant sei, sehen sich Jüdinnen*Juden in Deutschland zunehmend durch verschiedene Formen des Antisemitismus bedroht. In Bonn wurde der israelische Professor Jitzchak Jochanan Melamed im Juli diesen Jahres geschlagen, ihm wurde die Kippa vom Kopf gerissen und er wurde antisemitisch beleidigt. Als die von seiner Begleiterin gerufene Polizei eintraf, hielten die Beamten ihn für den Täter, warfen ihn zu Boden und schlugen ihm ins Gesicht. Auf der Wache sollte Melamed von einer Beschwerde abgebracht werden, ihm wurde gedroht: »Leg dich nicht mit der deutschen Polizei an.«

Das auch für einige „besorgte Bürger*innen“ der Schritt von Demonstrationen zu Überfällen auf Jüdinnen*Juden nur ein kurzer ist, zeigt der Überfall auf das jüdische Restaurant Shalom: Nach einem rassistischen Aufmarsch in Chemnitz am 27. August 2018 griffen Neonazis unter dem Ruf »Hau ab aus Deutschland, du Judensau!« das Lokal an. Es war nicht der erste Angriff auf das „Shalom“. Seit der Eröffnung im Jahre 2000 wurden immer wieder Scheiben eingeworfen und Schweinsköpfe vor dem Lokal abgelegt.

Antisemitismus stellt für die Betroffenen eine große Bedrohung und Verunsicherung dar. In der Folge verzichten viele Jüdinnen*Juden im öffentlichen Raum auf alles, was sie als jüdisch erkennbar machen könnte. Die Mehrheit erlebt aber selbst dann antisemitische Andeutungen oder offene Anfeindungen. Gerade in „Sozialen Netzwerken“ häufen sich Fälle von Bedrohungen und antisemitischer Propaganda eklatant. Die Recherche und Informationsstelle Antisemitismus zählte allein für Berlin 2017 947 antisemitische Vorfälle pro Jahr. Die Dunkelziffer dürfte noch größer sein. Eine strafrechtliche Verfolgung findet selten statt.

Ob es die deutsche Mehrheitsbevölkerung wahrhaben will oder nicht, ob sie es leugnet oder Antisemitismus ausschließlich in migrantischen Communities verortet: dieser ist weiterhin auch in der deutschen Mehrheitsgesellschaft anwesend. Er äußert sich in verschwörungsideologischen Bedrohungsfantasien, in Dämonisierung des israelischen Staates oder ganz konkret in Schmierereien und körperlichen Angriffen. Die dringend notwendige Solidarität bei antisemitischer Gewalt und Ausgrenzung ist jedoch auch in der linken Szene zu oft nicht selbstverständlich. Der nicht-jüdische Teil der Bevölkerung „gewöhnt“ sich an Gewalt und Verfolgung – und stimmt mit ein.

Damit bleibt das Leben von Jüdinnen*Juden in Deutschland bedroht. Gerade deshalb gilt es für Antifaschist*innen den Staat Israel, das heißt den Staat der Überlebenden der Shoah, als Zufluchtsort und notwendige Sicherheitsgarantie für Jüdinnen*Juden zu verteidigen.

»Erinnern heißt handeln« (Esther Bejarano, Auschwitz-Komitee)

Wenn wir heute an die Novemberpogrome von 1938 erinnern, heißt das, dass wir ihrer Opfer gedenken, ihnen Namen und Geschichten geben. Es heißt auch, dass wir antifaschistisch wachsam sind gegenüber einer Gesellschaft, deren autoritäre und Ressentiment geladene Tendenzen wieder offen zu Tage treten. Die Novemberpogrome stellten einen frühen Höhepunkt der antisemitischen Verfolgung dar, aber passierten nicht aus dem Nichts heraus. Die deutsche Gesellschaft stimmte aktiv in die Vernichtungspolitik ein. Viele überlebende Opfer des Nationalsozialismus haben durch ihren lebenslangen Einsatz antifaschistische Kämpfe entscheidend geprägt. Wir werden diese bald ohne sie weiter führen und eigene Worte und Wege finden müssen. Begleiten werden uns dabei die Worte von Esther Bejarano: »Aus der Erfahrung unseres Lebens sagen wir: Nie mehr schweigen, wegsehen, wie und wo auch immer Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit hervortreten!« Dem Gedenken an die deutschen NS-Verbrechen auch weiterhin Gehör zu verschaffen sowie Konsequenzen daraus einzufordern, bleibt eine der wichtigsten Aufgabe für alle Antifaschist*innen.

Wir wollen ein Gedenken, das die Täter*innen und Mittäter*innen benennt, das aber vor allem Raum lässt für die Erinnerung an die Opfer. Ein Gedenken, das entschieden für heutiges jüdisches Leben und dessen Schutz eintritt. Gedenken und kämpfen wir gemeinsam: Kommt am 9. November zur Gedenkkundgebung und anschließend zur antifaschistischen Demonstration nach Moabit!

9. November 2018 – 17 Uhr | Mahnmal Levetzowstraße, Berlin Moabit

Auch nach 80 Jahren – Kein Vergessen! Kein Vergeben!

9. November 2018 – 17 Uhr | Mahnmal Levetzowstraße, Berlin Moabit Gedenkkundgebung und anschließende antifaschistische Demonstration

Reichspogromnacht Berlin Moabit Gedenkdemonstration

»Je näher wir an Berlins Mitte mit seinen vielen jüdischen Läden kamen, desto mehr verwüstete Geschäfte entdeckte ich. Überall lagen die Scherben und die Auslagen der Schaufenster auf den Gehwegen herum. Ich kann mich an einen SA-Mann erinnern, der zwei elegant gekleidete Schaufensterpuppen in die Gosse warf. Nun hörte ich auch das Gebrüll der Nazi-Meute: „Judenschwein!“, hallte es durch die Straßen.«

So erlebte Ruth Winkelmann, damals Schülerin an einer jüdischen Mädchenschule in Berlin-Mitte ihren Schulweg am 10. November 1938. Sie beschreibt den 9. November 1938 als den Tag, der ihre unbeschwerte Kindheit beendete. Ihre Schule wurde bald geschlossen, sie musste Zwangsarbeit leisten, entkam mehrere Male knapp der Deportation. Ihr Vater wurde in Auschwitz ermordet. Ihre kleine Schwester starb, drei Tage nach ihrem achten Geburtstag im März 1945 an Typhus, im Versteck in einer Berliner Laubenkolonie.

Am 9. November 1938 fanden die Novemberpogrome ihren Höhepunkt. Im gesamten Deutschen Reich wurden Jüdinnen*Juden verschleppt, vergewaltigt, inhaftiert und ermordet. Jüdische Geschäfte, Wohnungen, Gemeindehäuser und Synagogen wurden geplündert, zerstört und in Brand gesteckt. Auf den Straßen brach sich der gewalttätige deutsche Antisemitismus Bahn, der staatlich angestoßen und koordiniert wurde. SA und SS führten die Morde, Brandstiftungen und Verwüstungen an. Die nicht-jüdische Bevölkerung beteiligte sich aktiv an dem Pogrom oder stimmte mit ihrem Schweigen zu.

Auftakt zur Vernichtung

Insgesamt wurden in den Tagen um den 9. November 1.300 Jüdinnen*Juden ermordet, über die Hälfte der Gebetshäuser und Synagogen in Deutschland und Österreich wurden zerstört. Ab dem 10. November erfolgte die Deportation von 30.000 Jüdinnen*Juden, davon allein 6.000 Berliner*innen in Konzentrationslager. Die Pogrome waren der Auftakt zur Vernichtung. Bis zum 9. November 1938 hatte das nationalsozialistische Deutschland Jüdinnen*Juden Schritt für Schritt aus der Gesellschaft ausgegrenzt: mit Berufsverboten, Ausschluss aus den Universitäten, später mit den „Nürnberger Rassegesetzen“ sowie der „Arisierung“ jüdischer Unternehmen. Mit dem Überfall Deutschlands auf Polen begann dann 1939 die NS-Eroberungspolitik. Hinter den Truppen der nach Osteuropa vorrückenden Wehrmacht folgten die deutschen Einsatzgruppen, die als „Volksfeinde“ gebrandmarkte Menschen in Massenerschießungen ermordeten. Neben Jüdinnen*Juden wurden Rom*nja, Sinti*zza, psychisch kranke und geistig behinderte Menschen sowie Kommunist*innen und andere politische Gegner*innen ermordet. Die NS-Vernichtungspolitik gipfelte in der Shoah, dem industriellen Massenmord: Bis 1945 ermordeten die Deutschen sechs Millionen Jüdinnen*Juden.

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