In Berlin stehen im Moment ca. 100 Aktivist:innen vor Gericht. Ihnen wird „Nötigung“ vorgeworfen, weil sie sich 2019 an einer Sitzblockade gegen den „Marsch für das Leben“ beteiligt haben.Um die Repressionskosten zusammenzubekommen, gibt es ein Crowdfunding: www.betterplace.me/feminismus-ist-kein-verbrechen
Es ist absurd, dass so viele Menschen vor Gericht gezerrt werden, die sich für körperliche und sexuelle Selbstbestimmung einsetzen. Die Kriminalisierung von Protest ist immer auch darauf ausgelegt, Aktivist:innen einzuschüchtern und von ihrem Engagement abzuhalten. Sie kann Angst machen und uns lähmen. Deswegen ist es so wichtig, niemanden damit allein zu lassen und die Betroffenen zu unterstützen.
Dafür brauchen wir dich! Unterstütze unsere Kampagne „Feminism is not a crime!“ mit einer Spende. Das Geld wird genutzt, um Rechtsberatung, Anwält:innen- und Gerichtskosten sowie weitere Repressionskosten zu bezahlen. Diese Nachricht gerne weiterleiten!
Heute vor einem Jahr haben wir – Frauen, Lesben, inter, nichtbinäre und trans Personen (FLINT*) der Gruppe *aze – wie viele andere Betroffene, von sexualisierter Gewalt in unserem unmittelbaren Umfeld erfahren. Sexualisierte Gewalt an uns selbst. Der Täter ist ein Cis-Mann, von dem wir dachten, er sei unser Genosse, der ein linkes Festival mitorganisiert hat und jahrelang in unseren Strukturen eingebunden war. Er hat uns auf diesem Festival, Monis Rache, heimlich auf Dixi-Klos gefilmt und diese Videos über das Streamingportal xHamster online angeboten, sie getauscht und verkauft. Keine der gefilmten Personen wusste davon.
Im letzten Jahr wurden Aktivist*innen, die gegen den fundamentalistischen „Marsch für das Leben“ und für reproduktive Rechte von Schwangeren protestierten, von der Polizei gekesselt. Nun werden den Menschen verschiedene Vorwürfe gemacht und sie werden angeklagt. Wir veröffentlichen hier das Statement einer Aktivistin vor Gericht.
Wir stehen vor Gericht, weil unsere Proteste kriminalisiert werden. Weil das, wofür wir kämpfen müssen und das, woran wir glauben wollen, tagtäglich all unseren Mut abverlangt und uns auf die Straße zwingt.
Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen
Ich stehe vor Gericht, weil ich nicht hinnehmen will, dass Schwangerschaftsabbrüche noch länger tabuisiert und illegalisiert werden. Und weil ich mit dieser Überzeugung auf die Straße gegangen bin. Seit 149 Jahren schon stellen sich Generationen von Feminist*innen entschieden und lautstark gegen die staatliche Aberkennung der Selbstbestimmung über den eigenen Körper – gegen Gesetze, die ihren Ursprung im Deutschen Kaiserreich und in der Nazizeit haben. Und noch heute, im Jahr 2020 gilt in Deutschland: Schwangerschaftsabbrüche werden kriminalisiert, Betroffene und Ärzt*innen werden stigmatisiert.
Im letzten Jahr wurden Aktivist*innen, die gegen den fundamentalistischen „Marsch für das Leben“ und für reproduktive Rechte von Schwangeren protestierten, von der Polizei gekesselt. Nun werden den Menschen verschiedene Vorwürfe gemacht. Wir haben mit zwei Aktivist*innen gesprochen und außerdem zwei Gruppen von der Berliner Antirepressionsplattform eingeladen. Hört rein!
Feministische Aktivist*innen werden mit Repression überzogen. Doch wir lassen uns nicht unterkriegen! Spendet und zeigt euch solidarisch mit den Protesten gegen christlichen Fundamentalismus und für reproduktive Rechte! Spendenkonto steht unten! #FeministAsHell
Seit 2008 protestieren wir lautstark, kreativ und voller Elan gegen den christlich-fundamentalistischen „Marsch für das Leben“, bei dem jährlich selbsternannte „Lebensschützer“ ein generelles Verbot von Abtreibungen fordern. Mit Blockaden und unter tatkräftiger Unterstützung von tausenden Feminist*innen, Queers und Antifaschist*innen wurde der Marsch in den letzten Jahren gestört und verzögert, die christlichen FundamentalistInnen mussten ihre geplante Route verändern und abkürzen. Mit unseren queer-feministischen Demos tragen wir unsere Inhalte für körperliche und sexuelle Selbstbestimmung auf die Straße.
Am 19. September 2020 findet in Berlin der „Marsch für das Leben“ statt. Trotz Corona-Ansteckungsrisiko wollen die selbsternannten „Lebensschützer“ auch dieses Jahr mit bis zu 5.000 Menschen gegen Abtreibung und körperliche Selbstbestimmung demonstrieren.Das What-the-Fuck-Bündnis ruft zu Protesten auf. Hier veröffentlichen wir ihren Aufruf.
Unter dem Deckmantel des „Lebensschutzes“ propagiert der „Marsch für das Leben“ ein christlich-fundamentalistisches Weltbild . Entgegen des vorgeblichen Ziels ist für sie jedoch nicht jedes Leben gleich schützenswert: Bedacht wird dabei stets nur das „ungeborene Leben“, nicht die Lebensgefahr, in die schwangere Personen durch Abtreibungsverbote gebracht werden. Außerdem vertreten sie konservative Geschlechterrollen, eine rigide Sexualmoral, sind homo- und transfeindlich und berufen sich dabei auf Gott und die Bibel. Mit ihren Vorstellungen sind sie nicht allein, in der gesamten Gesellschaft erleben wir das Erstarken nationaler, konservativer und antifeministischer Positionen. Der Antifeminismus verbindet reaktionäre Strömungen, von der CDU/CSU, über die AfD bis zu Personen der extremen Rechten. Es kommt vermehrt zu Hetze gegen Frauen, queere Menschen/LGBTIQ*, Rassismus wird immer unverhohlener geäußert. Wir stellen uns gegen menschenfeindliche Positionen und fordern reproduktive Rechte für alle. Dazu gehört auch das Recht auf Abtreibung. Denn nur wenn es einen legalen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen gibt, werden Schwangere vor den tödlichen Folgen unsicherer Abtreibungen geschützt. In Ländern, in denen es keinen sicheren Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen gibt, sehen wir, dass die Zahl an unsicheren Abtreibungen mit Todesfolge besonders hoch ist. Verbote verhindern Abtreibungen nicht, sie führen lediglich dazu, dass Menschen daran sterben.
Wir gedenken George Floyd und der unzähligen anderen Menschen, die Opfer von rassistischer Gewalt wurden. Während sich viele politisch Verantwortliche hierzulande darauf berufen, dass Rassismus und Polizeigewalt spezifische Probleme der USA seien, wird oft verkannt, wieviele Menschen auch in Deutschland Opfer rassistischer und antisemitischer Gewalttaten werden. Einige von ihnen werden in diesem Video genannt.
Zu den dringend notwendigen Maßnahmen, die aus diesen Taten folgen müssten, zählen lückenlose Aufklärung der Verstrickung staatlicher Stellen mit den Netzwerken rassistischer Gewalt und Hetze und ein angemessenes Eingehen auf die Forderungen der Opfer und Hinterbliebenen.
Die Wirklichkeit sieht anders aus, hier zwei markante Beispiele: Voreinigen Tagen wurde bekannt, dass ein Berliner Polizist vertrauliche Informationen an eine AfD-Chatgruppe weitergab, in der auch ein Tatverdächtiger der rechten Anschlägen in Neukölln war. Nach einem jahrenlangen juristischen Ringen wurden im schriftlichen Urteil des NSU-Prozesses in diesem Frühjahr die Opfer mit keinem anderen Wort außer der Beschreibung „südländisches Aussehen“ bedacht und die katastrophale Rolle des Verfassungsschutz im NSU-Komplex verschwiegen.
Am 11. Juli 2020 jährt sich die Urteilsverkündung des NSU-Prozesses zum zweiten Mal und weiterhin kann von einer Aufklärung des NSU-Komplex keine Rede sein. Deswegen gilt unverändert: Kein Schlussstrich!
Der folgende Text ist Teil unseres Dossiers zu internationalen Perspektiven und Solidarität in der Corona-Krise.
Statement von Jordí (Chile)
In Chile erinnern wir uns jeden 18. des Monats an den politischen Aufstand, der am 18. Oktober 2019 begann, ein Datum, an dem der Wunsch zu leben geweckt wurde und das Glück um die Barrikaden herum verweilte. Die Zeit verging, der Straßenwiderstand wurde Tag für Tag aufrechterhalten und übertraf die Erwartungen des hoffnungsvollsten Revolutionärs. Der März kam als ein wichtiger Monat für den Aufstand, es gab viele Aufrufe zu nationalen Märschen und Streiks. Anfang dieses Monats erfuhren wir etwas über ein Virus in Europa. Innerhalb weniger Wochen traten die ersten Fälle in den wohlhabenden Vierteln der Hauptstadt und bei europäischen Touristen im Süden Chiles auf. Continue reading „In einer Zeit in der wir am meisten nach dem Leben verlangten, kam der Tod über uns“
Der 8. Mai ist ein Freudentag, wir feiern die Befreiung Deutschlands vom Faschismus. Die Nazi-Herrschaft wurde beendet, aber Rassismus und Antisemitismus sind weiterhin ein Teil von Deutschland – Gewalt und Hass sind allgegenwärtig.
Vor wenigen Tagen wurde das schriftliche Urteil zum NSU-Prozess veröffentlicht. Das Urteil ignoriert die Dimension des NSU-Terrornetzes, missachtet Beweise und lässt die Verstrickung staatlicher Institutionen unaufgeklärt. Die Opfer erfahren keine würdige Erwähnung. Kein Wort im Urteil zum Leid der Angehörigen. Stattdessen ist es eine Botschaft an Neonazis und ihre Freunde: mordet weiter, die Strafen sind milde.
Unsere Genoss*innen von deutschland demobilisieren stellen fest: Mindestens 13 Menschen wurden seit dem Ende des Prozesses in Deutschland durch rechte Terroranschläge ermordet: Am 2. Juni 2019 wurde Walter Lübcke auf der Terrasse seines Hauses erschossen. Der Anschlag wies direkte Verknüpfungen zum NSU-Komplex auf. Am 9. Oktober 2019 wurden Jana L. und Kevin S. bei einem antisemitischen, rassistischen und antifeministischen Anschlag getötet und mehrere Personen verletzt, nachdem der Attentäter vergeblich versucht hatte in die Hallenser Synagoge einzudringen, um die dort 52 anwesenden Personen umzubringen. Am 19. Februar 2020 wurden in Hanau Ferhat Unvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu und Gabriele Rathjen aus rassistischen, antifeministischen und antiziganistischen Motiven umgebracht, und weitere Personen verletzt.
Rassismus und rechte Gewalt sind ein Teil von Deutschland. Die Taten müssen restlos aufgekärt werden, inklusive der staatlichen Verstrickungen. Die Opfer dürfen nie vergessen werden. Deshalb darf es keinen Schlussstrich geben!
Wir schließen uns dem Aufruf des Aktionsbündnis Antira zum „Tag des Zorns“ an und rufen dazu auf, heute am 8. Mai auch den vielen Menschen zu gedenken, die seit 1945 Opfer rassistischer, antiziganistischer und antisemitischer Gewalt wurden.
Der folgende Text ist Teil unseres Dossiers zu internationalen Perspektiven und Solidarität in der Corona-Krise.
Statement von „Ninguém fica para trás“ (Niemand wird zurückgelassen) aus Portugal
In Portugal verhängte die Regierung aufgrund der Covid-19-Pandemie zwischen dem 18. März und dem 2. Mai 2020 den Ausnahmezustand. Dieser Ausnahmezustand beinhaltete die Schließung mehrerer öffentlicher und privater Einrichtungen und Räume, wo sich zu viele Personen auf einmal treffen konnten. Schreibwarengeschäfte, Cafés und Restaurants, Postämter, Apotheken, Krankenhäuser und Gesundheitszentren, Supermärkte, Lebensmittelgeschäfte und Banken blieben geöffnet. Im Grunde konnten alle Orte, die für die Bevölkerung lebenswichtige Dienstleistungen erbringen, offen bleiben.